Zen und die Kunst ein Motorrad zu warten

Zen und die Kunst ein Motorrad zu warten

Robert M. Pirsig

1974, Softcover, Hochformat, 448 Seiten
ISBN 978-3596220205, Fischer Taschenbuch



Was ist eigentlich Qualität? Was bedeutet dieser Begriff? Und wie kommt es, dass Du Qualität zumeist zweifelsfrei erkennen kannst, wenn sie Dir begegnet, es aber so schwer ist, eine allgemein gültige Definition für Qualität zu formulieren?


Das Suchen und Streben nach Qualität, die Schwierigkeit, Dingen einen Wert beizumessen und unser Handeln danach auszurichten, ist ein Strang der Erzählung in diesem Roadmovie für das Kopfkino. Getragen wird er von der Geschichte eines Vaters, der mit seinem Sohn eine Motorradtour unternimmt - der zweite, profane Strang. Und über all dem schweben wie ein Baldachin aus dunklen Wolken die vielen Geister und Phantome, die den Autor/Helden/Ich-Erzähler begleiten und bis in seine Träume jagen.


Es sind autobiographische Kapitel, die Pirsig im Buch formuliert und dann eben auch wieder nicht. Denn er ist nicht mehr dieselbe Person, die er einst war. Hochbegabt und autistisch veranlagt, hat ihm sein Gehirn einen Streich gespielt, hat ihn irgendwann im Stich gelassen und seine Gesellschaftsfähigkeit dermaßen korrumpiert, dass seine Ärzte nur noch einen Ausweg sahen. Mit fünfunddreißig Jahren wurde er 1963 ins Veterans Hospital in Minneapolis zwangseingewiesen und sein Gehirn einer Elektroschock-Therapie unterzogen, genauer gesagt einer Elektrokonvulsionstherapie, bei der das Gehirn durch Stromimpulse überreizt wird, um eine vermehrte Ausschüttung von Neurotransmittern hervorzurufen, ähnlich wie das bei epileptischen Anfällen geschieht.


Pirsig formuliert das drastischer, indem er sagt, diese Therapie habe das Ziel gehabt, seine ursprüngliche Persönlichkeit auszulöschen. Diese Persönlichkeit nennt er Phaidros nach einem Dialog des griechischen Philosophen Platon. Platon beschreibt darin ein Gespräch zwischen Sokrates und seinem Freund Phaidros, der die Kunst des sprachlichen Ausdrucks - die Rhetorik - zum Thema hat. Pirsig/Phaidros war lange Jahre auf diesem Gebiet  unterrichtend tätig. Über Platons Dialog kommen wir auch auf das Thema Seelenwanderung und in Bezug auf Robert Pirsig zu der Frage: wenn sich mein Bewußtsein so sehr ändert, dass ich ein anderer geworden bin, was ist dann mit meiner Seele passiert? Ist sie noch dieselbe?


Die Faszination des Buches und der Story liegt in der Vielschichtigkeit der Erzählung. Allein das Beispiel von den zwei Seelen in einem Körper, die unglaubliche Leistungsfähigkeit und Zerstörungskraft neuronaler Systeme und schließlich der ständige Kampf, Gehirn/Seele und Leben in Einklang zu bringen, begleiten Dich als Leser auf jeder einzelnen Seite. Das sind auch die Dinge, die ich für meine Geschichte daraus mitgenommen habe. Nichts ist so wie es scheint. Und nichts so sicher, dass es nicht in der nächsten Sekunde einfach wegbrechen kann.






Robert M. Pirsig, um 2005

Quelle: Ian Glendinning, en:User:IanGlendinning, CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons


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