In unseren Herzen die Welt

Worum es geht...
Als Phil ein Aneurysma im vorderen Frontallappen platzt, wird er schlagartig ein anderer Mensch: er kann jetzt Klavier spielen, liest Bücher und liebt Männer. Phil beginnt eine Beziehung mit seinem Therapeuten Pete und entdeckt mit ihm sein neues Ich. Dann wird Pete nach einem schrecklichen Unfall in die Luzerner Nobelklinik der Familie van Pelt eingeliefert. Währenddessen versucht Katy ihrer Jugendliebe Victor van Pelt eine wichtige Nachricht zu übermitteln. Victor jedoch hat ganz andere Pläne: er will sich vollständig von seinem Körper lösen, um virtuell weiterleben zu können.

Die Ereignisse konfrontieren alle vier mit einer Frage:
Wo liegt sie verborgen, diese Welt? In unseren Gehirnen? Oder doch in unseren Herzen und der Art und Weise wie wir fühlen, handeln und lieben?


Paperback, 689 Seiten,
ISBN-13: 9783732241521,
Verlag: Books on Demand
Erstveröffentlichung 2019
Auflage: 4 / April 2021
Taschenbuch 20,99 Euro
E-Book 0,99 Euro




Leseprobe:

01 PHIL

 Alles nahm seinen Anfang zum Jahreswechsel 2016/17. Ich weiß noch, dass ich Silvester zuerst überhaupt nicht feiern wollte. Es kam mir alles so verlogen und sinnlos vor. Wir teilen unsere Lebenszeit in Jahreshäppchen ein und vernaschen eines nach dem anderen. Ich weiß noch, wie wir als Kinder davon sprachen und prahlten und davon träumten, was wir wohl tun würden, wenn wir mal groß wären.

Später wurde Großsein dann zu Erwachsensein und wir fantasierten uns in künftige Welten. Jeder von uns sein eigener Zukunftsforscher und Glaskugelblicker und Luftschlösserbauer und ständig mit den Gedanken anderswo, als im gegenwärtigen Augenblick. Das alles erschien uns völlig normal und den meisten geht es wohl heute noch so. Wir verlassen den Moment und erzählen davon, was wir im nächsten Sommer machen möchten, in den nächsten Ferien, nächstes Weihnachten.

Die ganz Mutigen wagen sich an Fünf-Jahres-Pläne. In fünf Jahren bin ich Abteilungsleiter, in fünf Jahren haben wir zwei Kinder, steht unser Haus, kaufe ich den Porsche, reise ich zum Mars, heirate ich Helene Fischer. Und das sind noch die einfachen Sachen. Denn wir alle balancieren auf der schmalen Klinge zwischen Vorhaben und Traum, weit genug weg, um nicht ins Detail gehen zu müssen, vage genug, um keine konkreten Schritte zu planen. Ok, die Konzertkarten für Helene könnte man wohlwollend als ersten Step abhaken. Schon der nächste Schritt auf dem Weg zum Altar, zusammen mit der Schlagergöttin, läge allerdings bereits komplett im Dunkeln...

02 KATY

Als Tochter eines erfolgreichen Arztes kam ich schon früh in den Genuss von Privilegien. Geld war nie ein Thema, weder bei uns noch bei den Leuten, mit denen meine Eltern sich umgaben. Mit zwölf Jahren schickten sie mich auf ein Elite-Internat in die Schweiz. Dort begegnete ich Victor van Pelt zum ersten Mal.

Seit unserer ersten Begegnung war er einer der interessantesten Menschen für mich, die ich bislang getroffen habe. Schon damals lebte er in einer ganz anderen Welt als ich oder meine engsten Freunde. Verglichen mit dem Reichtum seiner Familie kamen wir gerade so über die Runden. Nicht dass er damit angegeben hätte oder den Kontakt zu uns vermied. Es war eher diese lässige Selbstverständlichkeit, mit der er bei den seltenen Pausengesprächen von Yachturlauben und Privatinseln berichtete, auf denen die van Pelts gerade Urlaub gemacht hatten. Wurden wir an sonnigen Wochenenden von unseren Elternteilen in schicken Cabrios abgeholt oder an Regentagen in chauffierte Limousinen gesteckt, stieg Victor in einen eigenen Helikopter, der auf dem gepflegten Green hinter dem Haupthaus diskret auf ihn wartete.

Es gab einen van Pelt-Saal im Internat, in dem wir regelmäßig unter den gekreuzten Klingen frühstückten und es gab ein van Pelt-Stipendium, um das sich jeder bewerben konnte, der nicht über die nötigen Mittel verfügte, um hier zu sein. Kein Wunder also, dass Victor eine Sonderstellung innehatte, ob er es wollte oder nicht...

03 PETE

Ich sage dann immer, die beste Bewältigung ist das Vergessen. Denkt einfach nicht an die Dinge, die euch nicht gut tun, oder um es in der Fachsprache der Therapeuten zu sagen: Don ́t look back!

Jeder hat ein paar dunkle Flecken in seiner Vita. Damit meine ich Situationen, die blöd gelaufen sind, Sachen, die man nicht im Griff hatte, Wegkreuzungen, an denen man sich besser anders entschieden hätte, Typen, die einem den Tag versaut haben. So what? Es war wie es war und es ist wie es ist. Kannst du es rückwirkend ändern oder ungeschehen machen? Würde mich wundern. Also akzeptiere es. Nicht nur die vielen lichten Momente in deinem Leben machen dich aus, sondern auch der ganze andere Scheiß, den du mit dir rumschleppst. Er ist genauso Du und genauso wichtig.

Wenn die Leute das mal kapiert haben, geht es ihnen jedes Mal schlagartig besser. Sie fühlen sich plötzlich akzeptiert und werden regelmäßig ein paar Zentimeter größer. Aber Achtung: das soll nicht heißen, dass man sich mit dem Leben keine Mühe geben sollte und jeder Schrott entschuldbar ist. Du kannst nicht hingehen und behaupten, alle Schwulen sind krank und dann erwarten, dass das nichts mit dir macht. Natürlich hat das Konsequenzen, so wie alles Konsequenzen hat, was wir tun. Das Wichtigste ist es, diese Konsequenzen in ihrer ganzen Tragweite akzeptieren zu lernen. Wer also zum Beispiel behauptet, Homosexualität wäre böse oder krank, ist in letzter Konsequenz eben ein ignorantes Arschloch. Wenn er damit leben kann, ist alles ok...

Leserstimmen - Vielen Dank für Eure Bilder!:

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