Franny & Zooey

Franny and Zooey

Jerome D. Salinger

 1961, Softcover, Hochformat, 202 Seiten
ISBN 0-553-20348-7, Bantam Books, New York



Es gibt diese Einsame-Insel-Spiele, Du kennst das: Welche fünf Platten würdest Du auf eine einsame Insel mitnehmen? Welche fünf T-Shirts? Welche fünf Pin-Up-Poster? Welche fünf Bücher? Wenn Du ermessen möchtest, was Franny and Zooey für mich bedeutet, dann kann ich es vielleicht damit am eindrucksvollsten aufzeigen: Dieses schmale Bändchen ist mein Einsame-Insel-Buch. Und zwar immer. Auch dann, wenn man nur ein Buch mitnehmen darf.


Lass mich ein wenig ausholen. Ich bin der Meinung, dass man sich unumstößliche Wahrheiten definieren und kultivieren muss. Lieblingsdinge. Sachen, deren Wert man nicht ständig in Frage stellt und die das Rüstzeug darstellen, um unversehrt durch die Alltage zu kommen. So etwas hilft, glaub mir, man tut sich leichter, wenn man nicht ständig an allem zweifeln muss. Zweifel gibt es auch so schon genug.


Meine unumstößlichen Wahrheiten:

  • Bestes Buch: Franny and Zooey (J.D. Salinger)
  • Bester Song: Don´t think twice, it´s allright (Bob Dylan)
  • Bester Film: Cat on a hot tin roof (mit Liz Taylor und Paul Newman)


Punkt.


Warum gerade Franny and Zooey?  – Gute Frage.

Vermutlich hat mich die Geschichte um Franny Glass und ihren Bruder Zooey in einer kritischen, besonders empfindlichen Phase meines Lebens erwischt. Und vermutlich ist es J.D. mit seiner Schreibe gelungen, die wichtigsten, damals noch offenen und nach Wahrheit suchenden Synapsen meines Geistes zu besetzen. Vollständig, nachhaltig und für immer. Noch heute brauche ich das Buch nur in die Hand zu nehmen, um mich sofort besser zu fühlen. Es ist pure Magie. Allerdings gelingt das nur mit zwei Ausgaben der Geschichte. Es muss entweder die englische Version von Bantam Books sein, oder die deutsche RoRoRo-Übersetzung des Ehepaars Böll. Alles andere – glaub mir – kommt da nicht ran.


Wenn Du mich fragst, was das Besondere der Geschichte ist, wird es schwierig für mich. Um die Qualitäten von Plot, Spannungsbogen, Charakterzeichung, Sprache auch nur ansatzweise objektiv zu beschreiben und zu bewerten, bin ich mit Sicherheit zu befangen. Dafür ist das Buch viel zu nah an meinem Herzen und mit ihm seine Protagonisten. Die Handlug des Buches ist schnell zusammengefasst. Franny Glass reist mit dem Zug vom College nach Hause, hat einen Streit mit ihrem Freund und verbarrikadiert sich im elterlichen Schlafzimmer, deprimiert und voller Weltschmerz. Ihr Bruder Zooey nimmt derweil ein Bad in der elterlichen New Yorker Wohnung. Bevor er anschließend geht, schaut er noch nach seiner Schwester und erlöst sie von ihrem Schmerz, indem er ihr erklärt, was im Leben wirklich wichtig ist: Egal was du tust, sagt er, egal womit du dich beschäftigst, mach es für die Fat Lady.


That´s it. Das ist die Geschichte. Zumindest für alle, die nur die Worte lesen. Aber wenn es dir gelingt, die Oberfläche der Worte zu durchbrechen, als wären sie dünnes Eis, wirst du in sprachliche und gedankliche Tiefen abtauchen, die du niemals mehr vergessen wirst. Franny fällt am Ende der Geschichte nach dem Telefonat mit Zooey, das er aus dem als Museum erhaltenen Zimmer seines verstorbenen ältern Bruders Seymour mit ihr führt, in einen tiefen, traumlosen Schlaf. Die Szene gehört zu den friedlichsten Bildern, die man sich als Ende eines Buches wünschen kann. Seymour Glass und dessen Schicksal wird in anderen Geschichten Salingers ausführlich behandelt. Besonders empfohlen sei hier die Kurzgeschichte "A perfect day for Banana Fish", veröffentlicht im Sammelband "9 Stories".


Aber genug davon. Hol Dir die Story, Original oder Böll, und Du wirst es nicht bereuen. Für meine Geschichten nehme ich mit, wie man seine Charaktere behandelt, wie man sich in sie hineinversetzt und als Beobachter in ihrem Universum unterwegs ist. Die handelnden Personen der Romane sind nie wirklich erfunden. Ihre Autoren begleiten sie nur und erzählen von ihnen, damit sie für alle sichtbar werden. Und leben.





Jerome David Salinger, um 1950

Quelle: Lotte Jacobi, per a credit in the bottom-left corner of the original dust jacket's back cover. Published by Little, Brown and Company, Public domain, via Wikimedia Commons


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